Anmerkungen zu COVID-19
Ausbreitungsgeschwindigkeit
Politiker benötigen für ihre Entscheidungen klare Informationen, dazu haben
sie die Experten.
Nehmen wir mal als Beispiel die Lockerungsmaßnahmen, über deren Umfang und
Zeitpunkt die Regierung entscheiden muss.
Soll das Handeln nachvollziehbar sein, wählt man am besten Kennzahlen, die
die Experten ermitteln und möglichst breit gestreut veröffentlichen. Dann
hat die Regierung "Rückendeckung" für ihre Maßnahmen, was ja heutzutage
wegen stets anstehender Wahlen zum wichtigsten Handwerkszeug eines
Politikers gehört.
Bei der Corona-Krise stehen (standen) als solche Kennzahlen die
"tägliche Steigerungerate der Infizierten", die "Verdopplungsrate der
Gesamtinfizierten", und der "Ansteckungsfaktor" in Form der
"Reproduktionszahl" zur Verfügung.
Tägliche Steigerungerate
Anfangs (im März) stand die Zahl der Infizierten und die Steigerungsrate
im Vordergrund der Diskussion. Nach dem Motto, "Noch haben wir exponentielles
Wachstum", das müssen wir durchbrechen, das Wachstum ist zu verlangsamen.
Die Zahl der Infizierten (und damit die Steigerungsrate) wird vom RKI täglich
veröffentlicht. Über die vielfältigen Fehlereinflüsse auf die Zahl der
Infizierten ist ja genügend hingewiesen worden. Aber wenn der (die) Fehler
konstant ist, kommt man mit der Steigerungsrate zu klaren (richtigen)
Ergebnissen. Dass z.B. an Wochenenden weniger Meldungen eingehen, wird
durch die Zahlen der Folgetage ausgeglichen.
Also im Mittel ist das eine brauchbare Kennzahl für die Regierenden.
Verdopplungszeit
Plötzlich tauchte in der öffentlichen Diskussion die sogenannte Verdopplungszeit
der Zahl der Infizierten auf. Wir hörten (z.B. von der Kanzlerin), dass die
Maßnahmen gelockert werden könnten, wenn die Verdopplungszeit über 10 Tage,
kurz darauf, über 14 Tage, betrage. Die Verdopplungszeit ist ganz einfach zu
berechnen. Dennoch waren die in den Medien genannten Zahlen jeden Tag falsch,
zu klein. Das kann ja Absicht der Experten sein oder die verwendeten Zahlen
werden anders definiert. So kann die Verdopplungszeit aufgrund der
Steigerungsrate des letzten Tages berechnet werden, oder aufgrund eines
Mittelwerts aus den letzten drei, vier oder fünf Tagen oder über einen noch
anders korrigierten Mittelwert.
Jedenfalls als wir schon bei einer Verdopplungszeit von über 20 Tagen
angekommen waren, verschwand diese Kennzahl aus der Diskussion. Einfach weg.
Reproduktionszahl
Nun tauchte der Ansteckungsfaktor in Form der Reproduktionszahl Rt oder Reff
in den Verlautbarungen der Kanzlerin, einiger Politiker und der Virologen
auf.
Per Definition ist das die Zahl der Personen, die ein Infektiöser ansteckt.
Diese Zahl errechnet sich aus der Anzahl der Kontakte eines Infektiösen, der
Dauer der Infektiösität und der Wahrscheinlichkeit einer Infektion beim Kontakt.
Toll! Alles Unbekannte. Damit lässt sich leicht rechnen.
Daher: die veröffentlichte Reproduktionszahl ist nur eine
Schätzung, von Exaktheit keine Spur
Wer diesen Zahlen glaubt, ist selbst schuld!
Schönes Beispiel: So hörten wir am 16. April, wenn diese
Reproduktionszahl unter 1 sinke, haben wir die Pandemie im Griff. Dazu wurde
uns aus Kanzlerinnenmund mitgeteilt, die Zahl läge bei 1,1. Ist doch befiedigend,
oder?
Schon am nächsten Tag lag diese Kennzahl bei 0,7. Ist doch super schnell gegangen.
Laut RKI lag diese Zahl schon seit dem 20. März unter 1.
Graphik aus der Veröffentlichung des RKI.
Was sollen wir als einfache Bürger von dieser Tatsache halten? Hält man
uns für bescheuert?
Oder, wer will uns "hinters Licht führen" und wenn ja, "warum"?
Auch mit dem besten Computer ist keine vernünftige Reproduktionszahl zu
berechnen ist, da man ja Schätzwerte eingibt, können auch nur
Schätzwerte herauskommen - es gilt der alte Programmiererscherz:
shit in, shit out.
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